Uwe Bohm

* 24.01.1962 in Hamburg
† 08.04.2022 in Berlin

Angelegt am 11.04.2022
17 Besuche

Kondolenzen (1)

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Kondolenz

Liebe Familie Bohm

29.06.2022 um 17:51 Uhr von Detlev Hauswaldt

Liebe Frau Bohm, liebe Familie Bohm,

                                                              ich bin weder ein entfernter Verwandter, noch ein Kollege, Bekannter oder Freund von Uwe Bohm, von dessen Tod ich zufällig erfahren habe. Meine Frau und ich waren gerade in Frankreich, da lasen wir die Nachricht in einer Zeitung. Ich bin  lediglich ein Film-, oft auch ein Fernsehzuschauer, dem Ihr Mann, euer (dein?) Vater und Ihr Sohn in den letzten 40 Jahren immer wieder auf unterschiedlichste Weise begegnet ist. Das ist natürlich eine ziemlich einseitige Nähe, aber ich habe trotzdem das Bedürfnis, Ihnen, liebe Familie Bohm, mein Mitgefühl auszudrücken. Denn irgendwie waren die von Uwe Bohm verkörperten Rollen solche, die mir in meinem Leben etwas bedeutet haben.

Ich bin Jahrgang 1966, geboren in Braunschweig, Zonenrandgebiet sagte man damals, und der erste Film, an den ich mich aktiv erinnern kann - außer den jährlichen Disney-Familienfilmen - war der Film "Nordsee ist Mordsee". Damals muss ich elf oder zwölf Jahre alt gewesen sein, der Film lief in einem kleinen, etwas plüschigen Braunschweiger Programmkino und eigentlich sind mein bester Freund und ich damals nur wegen des von uns als reißerisch empfundenen Titels in den Film gegangen. Und weil die Musik angeblich - so stand's draußen dran - von Udo Lindenberg sein sollte. Den fanden wir beide gut.

Dass dann keine deutsche Version vom "Weißen Hai" kam, machte aber überhaupt nichts. Denn der Uwe da im Film, der mit den Schlaghosen und den Sommersprossen, der war ja fast so wie wir. Der hatte die gleichen Träume, ähnlich Ängste, etwas längere Haare, durfte sogar Jeanskutte tragen, was mene Eltern mir nie und nimmer erlaubt hätten. Hing in irgendwelchen Neubaugebieten ab, Waffen gab's da und natürlich immer irgendwelche Typen, die deutlich cooler waren als man selbst und zu denen man besser etwas Abstand hielt. Und sein Freund war genau so ein Außenseiter wie mein bester Freund damals. Schon rein äußerlich sofort das ausgemachte Opfer in einer damals noch ganz überwiegend "kartoffeldeutschen" Mehrheitsgesellschaft, selbst in den Stadtrand-siedlungen. Aber diese Jungs in "Nordsee ist Mordsee", Uwe und sein Freund, die trauten sich etwas. Da gab's wirklich ein echtes Boot, mit dem man nicht nur theoretisch, sonder ganz praktisch abhauen konnte. Die Elbe runter bis zum Meer. Wow!

Klar, der Uwe aus dem Film war nicht der echte Uwe Bohm. Er spielte eine Rolle. Aber das tat er so überzeugend, dass ich noch bis vor Kurzem den Film in groben Zügen im Gedächtnis hatte, nach über 40 Jahre; habe mich erst unlängst nach der Todesnachricht auf Youtube davon überzeugen können.

Uwe Bohm, der so gut den Underdog aus der Hamburger Vorstadt verkörpern konnte, war von diesem Moment an immer jemand, auf den ich achtete, wenn sein Name im Zusammenhang mit Kino oder Fernsehen erwähnt wurde. Kein Idol, das überhaupt nicht. Aber er war die interessante Figur, die aus irgendeinem Film einen besonderen Film machen konnte. Zumindest für mich und anfangs für einen Teil meiner Freunde war das so.

Der zweite Film, an den ich mich noch gut erinnern kan, war wieder ein von Hark Bohm gedrehter. "Yasemin". Und auch da passte wieder alles, diese abgebildete Lebenswirklichkeit bot Parallelen an, sie schienen sich geradezu aufzudrängen. Nur hieß "meine" Yasemin Nuran, war Kurdin und ich hatte leider im entscheidenden Moment kein Motorrad. Aber wieder war der Figur, die Uwe Bohm darstellte, das gelungen, was man heute eine authentische Darstellung nennt. Damals hätte man vermutlich etwas zurückhaltender von einer gekonnten Darstellung gesprochen. Überzeugend, das war er in meinen Augen eigentlich immer. Mit gefärbten Haaren oder ohne, ganz egal.

Persönlich getroffen habe ich Uwe Bohm nur ein einziges Mal. Und ein richtiges Treffen ist das eher nicht gewesen. Das war vor ein paar Jahren in Berlin Prenzlauer Berg, Danziger Straße, Ecke Knaackstraße. Da schnappte er mir - reichlich frech und in einem riskanten Manöver - einen freien Parkplatz direkt vor der Nase weg. Ich hatte gerade erst umständlich damit begonnen, mich mühsam rückwärts in Richtung Parkbucht zu bewegen. Uwe war einfach schneller. Dann stieg er aus, deute eine "lange Nase" an und verschwand in Richtung Kulturbrauerei. Nicht wirklich sympathisch eigentlich, aber wer in der Gegend schon mal einen Parkplatz gesucht hat, wird vielleicht Verständnis aufbringen.

Liebe liebe Familie Bohm, nun ist Ihr Mann, lieb Frau Bohm, euer (dein?) Vater, Ihr Sohn, liebe Eltern, plötzlich gestorben.

Sehr früh.

Jetzt muss ich etwas aufpassen, damit es nicht zu pathetisch klingt, aber wie drückt man diese Form von Schmerz und Anteilnahme richtig aus? Vielleicht so:

Das Loch, das Uwes Fehlen im deutschen Film reißt, wird für uns alle spürbar sein. Ich wünsche Ihnen, liebe Familie Bohm, alle Kraft, die Sie brauchen werden, um den persönlichen Verlust des Menschen Uwe Bohm ertragen zu können.

Es grüßt Sie aus Berlin

Detlev Hauswaldt